
Ich freute mich über einen Vorstoß von Oliver F. Lehmann, der eine Projekttypologie vorstellte. Dabei dokumentierte er auch mir schon bekannte Merkmale von internen Projekten. Denn als externer Berater erlebe ich, dass Unternehmen sich ganz anders verhalten, wenn ihre eigenen Mitarbeiter in den Fachabteilungen interne Projekte durchführen.
„Macht einfach mal“ scheint es gut zu treffen.
Bei externen Projekten hält man sich hoffentlich an eine bestimmte Methodik, denn letztendlich liegt ein Preis dahinter. Intern dagegen gibt es häufig keinen eindeutigen Auftraggeber, dafür viele uneinige Stakeholder. Der Umfang ist am Anfang nur vage beschrieben, so dass der Projektleiter, der sich freuen kann, wenn er mal zwei Tage PM-Schulung genießen durfte, keinen definierten Rahmen für seine Arbeit vorfindet und improvisieren muss. Noch schlimmer, wenn er und sein „Team“ nur parttime in diesem Projekt arbeiten sollen. Daneben gibt es weitere Projekte, Aufgaben und andere Prioritäten.
Um eine Anstellung zu bekommen, überwindet ein Bewerber mehrere Hindernisse: die Bewerbung muss auffallen und gefallen, die Gespräche müssen vielversprechend verlaufen, vielleicht muss ein Assessment-Center bestanden werden, die angehenden Kollegen müssen beim Probearbeiten ein gutes Gefühl haben – und dann muss noch die Probezeit überstanden werden. Welche Auswahlverfahren kennen Sie für PROJEKTmitarbeiter?
Wie soll ein interner Projektleiter bei diesen Randbedingungen überhaupt erfolgreich sein?
Es gibt mehrere Aktionsfelder, zum Beispiel:
- Umfeld: So früh wie möglich vereinbaren, sogar einfordern, wer die Entscheidungen über Scope, Termin und Budget trifft. Ein Projektleiter soll vom Team aus immer wieder Empfehlungen aussprechen: „Never come empty-handed“, aber jemand muss es genehmigen.
- Planung: Realistisch schätzen, aber auch eine Sicherheitsmarge einplanen, insbesondere was die Dauer angeht. Mitarbeiter denken nicht an die Personentage oder –stunden, die sie für eine Aufgabe leisten müssen, sondern bis wann sie sie überhaupt schaffen. Wichtig ist, dass man erkennt, welche Abweichungen in der Realität auftauchen, – damit man reagieren kann.
- Budget: Viele Projekte arbeiten mit EDA-Budgets – ohne Finanzierung von Externen, Agenturen oder Sachmitteln, denn die Mitarbeiter usw. sind „eh da“. Wird tatsächlich kein zusätzliches Geld benötigt? Wer zahlt die Reisekosten, wenn das virtuelle Team sich doch mal zum Kick-Off treffen will? Und was ist mit kritischen Zeiten in den späteren Phasen?
Es gibt übrigens immer ein bestimmtes Budget: die Verfügbarkeit der Mitarbeiter. Wie sorgen sie dafür, dass sie ihre zugewiesenen Aufgaben erledigen können? - Commitment: Gute Ergebnisse fangen mit der Identifizierung mit dem Projekt an. Wie kann ich meinem „Team“ das Gefühl eines Miteinanders und die eigene Begeisterung vermitteln?
Ich hätte noch viel mehr im Petto, würde mich aber auf Ihre Kommentare und Empfehlungen freuen!
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- Sledge Hammer: stickpng.com
Lieber Bernie, ich hätte noch eins:
Ich erlebe bei internen Projekten sehr gerne, dass zwar neue begonnen, aber alte leider nicht beendet werden. Was kann man vom Alten lassen, damit das Neue überhaupt gestemmt werden kann? Wer entscheidet, dass Projekte beendet werden, die in der Vergangenheit mal Sinn ergaben, aber irgendwie überholt wurden von der Zeit und eigentlich keinen Nutzen mehr stiften?
Was Du da beschreibst, liebe Heike, ist einer der Gründe, dass agile Methoden in letzter Zeit so beliebt werden. Die Priorisierung ist vom Anfang an eingebaut, von Sprint zu Sprint, genauso wie die verfügbaren Ressourcen vordefiniert sind. Im Vordergrund soll Added Value stehen. Gerade bei internen Projekten, wo die klare Definition der Ressourcen und des Scopes am Anfang fehlen, empfiehlt sich eine ähnliche Vorgehensweise: kleine Inkremente definieren und bei deren jeweiligen Vollendung grundsätzlich neu festlegen, was zunächst angegangen wird und die Ressourcen dafür sichern. Das löst aber das Problem wieder nicht, wer da entscheidet. Einen offiziellen Auftraggeber MUSS es bei jedem Projekt, egal wie groß, geben.