Quantenphysik für Hippies

Bei der regelmäßigen Kontrolle des SPAM-Filters stieß ich letztes Jahr auf eine News-Mail, die mich überraschte. Ich wusste, dass in dem Bereich geforscht wird, doch diese Meldung zeigte ein völlig anderes Bild:
Fraunhofer und IBM präsentieren live: Quantum Computing in Deutschland
Einweihung von Europas leistungsstärkstem Quantencomputer im industriellen Kontext 15.Juni 2021 – 14:00

Noch während ich dabei war, den SPAM-Filter zu löschen, kam mir die Erkenntnis, dass ich nicht einmal annähernd wusste, wie Quantencomputer funktionieren. In der Folge kaufte ich einige Bücher und las Beiträge dazu. Doch so wie ein grundsätzliches Verständnis des Elektrons notwendig ist, um zu verstehen, wie die aktuelle Computergeneration mit Transistoren (oder ehemals Röhren) funktioniert, so braucht man für das Verständnis eines Quantencomputers ein grundlegendes Verständnis von Quanten und der Quantenphysik.

Das wiederum ist viel schwieriger, als ich das ursprünglich erwartet habe. Denn wer sich als Informatiker tagtäglich mit Logik und Programmierung beschäftigt, hat nicht die besten Voraussetzungen, um die „Unlogik“ und die spukhaften Phänomene von Quanten zu verstehen.Ergo suchte ich nach Möglichkeiten, mir den Zugang zu diesem Thema zu erleichtern und stieß dabei auf das Buch „Quantenphysik für Hippies“. Hippies fand ich nie sonderlich Technik-affin, also dachte ich, „Wenn die das verstehen, dann verstehe ich das sicher auch.“ Also her mit dem Buch.

Für mich waren Hippies immer glückselige Menschen in bunten Klamotten, gerne mit längerem Haar – und einer Neigung zu Dope und Esoterik. Auch wenn ich mich selbst nie in der Szene der „FlowerPower“ bewegt habe, ich zolle dieser Bewegung meinen Respekt. Im verkifften Dunstkreis der Hippies in Berkley/San Franzisko wurden Missstände unserer Welt diskutiert und den damals jungen Menschen erstmals bewusst und damit auch zugänglich gemacht. Frauenrechte, Homosexualität, Frieden, freie Liebe und die Legalisierung von Haschisch sind Themen, die durch die Hippie-Bewegung in den 70ern erstmals  in die Medien und damit an die Öffentlichkeit kamen.

In der Folge kam es weltweit zu Studentenunruhen, der Abschaffung des § 175, der Geburtsstunde der Friedensbewegung sowie zu der Gründung von Greenpeace und Ärzte ohne Grenzen. Die Erinnerungen aus meiner Jugend sind sicher kein objektiver Maßstab, aber sie liefern die Erklärung, warum ich so verblüfft über den Titel dieses Buches war.

Nach der Lektüre habe ich meine Meinung zu den Hippies nicht geändert – immer noch zu viele Drogen und zu esoterisch. Trotzdem hat mir das Buch gefallen und mir den Zugang zu einigen komplexen Aspekten der Quantenphysik ermöglicht. Im folgenden stelle ich Ihnen ein paar Auszüge aus dem Buch vor. Ein pragmatisches Verständnis, wie nach der Lektüre eines Lehrbuches, darf man allerdings nicht erwarten. Wenn schon Einstein und seine Kollegen es kaum glauben konnten [1]

Aber aus was besteht eine Elektronenwelle?
Alice: » Möglichkeiten. Eine Elektronenwelle besteht aus Möglichkeiten.«« Möglichkeiten? Die Welt besteht aus Möglichkeiten?«

Dennoch sind sich viele Wissenschaftler nicht einig, dass ein Quantencomputer parallele Universen verwendet, um diesen unglaublichen Vorteil zu erzielen.

Die Geschichte der Wissenschaft hat gezeigt, dass der Realität komplett egal ist, was wir Menschen für absurd halten.

Die Schrödingergleichung beschreibt die seltsamsten Experimente in erstaunlicher Genauigkeit. Aber sie sagt auch eine Menge irrer Dinge voraus, mit denen wir Menschen uns heute noch sehr schwertun. Die Schrödingergleichung ist so etwas wie eine Supergleichung. Ihre Lösungen sind keine einfachen Zahlen, sondern unendlich viele zusätzliche Gleichungen. Je tiefer man mathematisch in die Natur vordringt, desto allgemeingültiger werden ihre Vorhersagen. Und die tiefe mathematische Struktur des Universums ist überraschend elegant.

Eine Quantensuperposition ist alles, was sich gleichzeitig in einem Zustand von zwei sich gegenseitig ausschließenden Möglichkeiten befindet. Zum Beispiel können wir ein Atom gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten platzieren, oder wir können ein Elektron dazu bringen, sich sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn zu drehen. Oder wir können ein Photon gleichzeitig in zwei verschiedene Richtungen fliegen lassen.

Ich: »Intuition? Was hat Intuition mit Wissenschaft zu tun?«
Alice: »Was meinst du, wie ist Schrödinger auf seine Gleichung gekommen?«
Ich: »Ich habe keine Ahnung.«
Alice: »Er hat sie erraten. Zugegeben, ein sehr fundiertes Raten, aber am Ende hat er einfach nur verdammt gut geraten.«

Bewusstsein kann nicht physisch erklärt werden. Denn Bewusstsein ist absolut grundlegend. Es kann nicht in Bezug auf irgendetwas anderes erklärt werden.  – Erwin Schrödinger

Intuition und Rationalität haben also eine Affäre, und Wissenschaft ist ihr Baby. Der Tanz zwischen Intuition und Rationalität erzeugt automatisch ein vertrauenswürdiges Glaubenssystem. So vertrauenswürdig, dass wir damit zum verdammten Mond geflogen sind. Und bald zum Mars.


[1] Quantenphysik: Einstein würde sich die Haare raufen | ZEIT ONLINE

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