Zuerst ignorieren Sie dich, dann…”

Wissen Sie wie es weiter geht? Nämlich so: “…lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.”(1) Ein gerne von Politikern zitierter Satz, dessen Gewicht durch den Bezug auf Gandhi verstärkt wird und mit dem man immer gut punkten kann. So twitterte auch Frau Petry dieses Zitat am 24.09.2017 zum Ergebnis der Bundestagswahl. Hmm…. Doch soll es gar nicht von Gandhi selbst stammen, sondern von dem US-amerikanischen Gewerkschaftler Nicholas Klein vor gut 100 Jahren.

Zitate entstammen subjektiven Wahrheiten

Zitate scheinen eine unbegrenzte Lebensfähigkeit zu haben über Zeiten, Räume, Ethnien und Kulturen hinweg. Als ursprünglich formulierte subjektive Wahrheiten bilden sie ein Sediment an Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnisse, die wir getrost als “Wahrheiten” des kollektiven Gedächtnisses der Menschheit betrachten können. Attraktiv sind sie zu allen Zeiten, weil ihre Kernaussagen auf die verschiedensten Kontexte übertragen werden können. Welche Konnotationen ein Zitat auslöst, steuert daher immer der Kontext, in den das Zitat gestellt ist.

Das Zitat in meinem Kontext…

Ich meine, die im Zitat aufgeführten Verhaltensweisen von Ignorieren, Lachen, Bekämpfen, Gewinnen sind überall da zu beobachten, wo innovative Ideen Einzelner auf kollektive konservative Weltbilder der Mehrheit treffen. Das steht gewissermaßen im Hauptnenner der Menschheitsgeschichte und galt schon lange, bevor das Zitat entstanden ist. Wir können das Phänomen in vielfältiger Ausprägung in Wirtschaft und Gesellschaft täglich beobachten. Beispiele hierfür sind Reaktionen auf innovative Technologien und Produkte, organisatorische Restrukturierungen oder betriebliche Zusammenlegungen, ambitionierte Projekte, Start-ups. Aber auch Reaktionen auf divergente, überraschende neue Welt- und Meinungsbilder, die auf diversen Diskursebenen be- und verhandelt werden – von der politischen Bühne bis hin zum Stammtisch. Anlässe gibt es reichlich in dieser VUCA-Welt.

…und es geht um Wandel schlechthin…

Dem Zitat folgend scheint es offensichtlich, dass das Neue auf dem Weg zum Anerkannten und Gültigen einer inhärenten Struktur folgt. Sofern es nicht schon zuvor an der Ignoranz von Betonköpfen zerschellt ist. Was ist also die immanente Botschaft? Es geht um Haltung zum und die Gestaltung des Wandels schlechthin! Konkreter: Wenn wir uns entschließen, nach einer neuen Vision zu streben oder neue Ziele zu erreichen oder auf irgendeine Art etwas Neues in die Welt zu bringen, beginnen wir damit einen Prozess. Meistens einen beschwerlichen und einen langen…

…und darauf kommt es an

Mit mehr Tiefenschärfe können wir die Aktionsweisen der “Täter” unterscheiden von den Reaktionsweisen der “Opfer”. Erstere bedürfen einer starken inneren Überzeugung, sich für das “Richtige” entschieden zu haben und müssen dies mit Überzeugungskraft nach außen sichtbar leben. Sie brauchen Mut, Geduld und Ausdauer, sich auf dem Spielfeld unterschiedlicher Interessen mit Argumenten, Anfeindungen und Ignoranz konstruktiv und respektvoll auseinanderzusetzen. Bei Veränderungen spielt nicht nur Zeit im Sinne von Dauer (chronos) eine Rolle, sondern auch der richtige Zeitpunkt (kairos). Entstammen nicht viele heutige Innovationen verstaubten Entwürfen aus den untersten Schubladen? Wichtig ist auch zu unterscheiden zwischen Beharrlichkeit und Starrsinn. Mit Starrsinn lässt sich das Neue nur mit Gewalt durchsetzen und das ist letztlich auf die Dauer nicht lebensfähig.

Wandel „meets“ Widerstand

Betrachten wir Veränderung aus der Perspektive der “Opfer”, erscheint jede Innovation, jede Veränderung als eine Kritik am status quo, ein Angriff auf das eigene Weltbild, eine Kränkung hin bis zur Empfindung, bislang alles falsch gemacht zu haben. Das kann die eigene Identität gefährden und löst folgerichtig Widerstand aus. Man versteht die Welt nicht mehr. “…dann bekämpfen sie dich.” Logisch, oder nicht? Wir sollten jeglichen Wandel die nötige Zeit einräumen und in Geduld hoffen, dass sich am Ende das Gute, was es auch immer sei, behauptet. Egal ob Täter oder Opfer, wir sollten uns offen für Neues zeigen, aber zugleich nicht leichtfertig Bewährtes hinter uns lassen. Uns sollte schließlich bewusst sein, dass die Vielfalt von neuen Ideen und Visionen ein enormes kreatives Potenzial darstellt, mit dem wir gemeinsam eine lebensfähige Zukunft gestalten können – „…und dann gewinnst du.“

(1) Quelle: http://falschzitate.blogspot.com/2017/05/zuerst-ignorieren-sie-dich-dann-lachen.html; Abruf 03.01.2019

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