Mein Leben als digitaler Nomade

Teil 2

Mit Beginn des neuen Millenniums wurden die Bedingungen für mobiles Arbeiten zunehmend besser. So wuchs die Zahl der DSL-Anschlüsse der Deutschen Telekom von 0.6 Millionen im Jahr 2000 auf 13.3 Millionen im Jahr 2008. Die Vorstellung von Skype im Jahr 2003 durch Niklas Zennström und Janus Friis machte es erstmals möglich, Videogespräche zu führen, ohne Haus und Hof dafür zu verpfänden. So hatte ich neben den bis dahin verbreiteten Kommunikationsmedien Telefon und Email auch (endlich) Video zur Verfügung. Meine Laptops wurden leichter und leistungsfähiger und hatten integrierte Modems.

Den richtigen Schub aber genoss ich mit der Einführung von WiFi-Spots im öffentlichen Raum. 2010 kündigte Starbucks als erstes Unternehmen kostenloses WiFi in allen US-Filialen an und rollte dieses Angebot innerhalb kürzester Zeit weltweit aus. Starbucks setzte damit ein Zeichen, dem viele anderen folgten mußten. Plötzlich hatte ich eine Alternative zu den teuren Datentarifen der Mobilfunkanbieter. Auf die bis dahin üblichen Übertragungsraten (GPRS, 3G) möchte ich erst gar nicht eingehen. Wenn ich nun unterwegs war, führte ich die meisten Gespräche und Videokonferenzen in einem Cafe.

Unsere Urlaubsreisen unternahmen meine Frau und ich zu dieser Zeit auf unseren Motorrädern und wir übernachteten meistens im Zelt. Egal ob Vietnam, Oman oder Zentralanatolien, Wifi und ausreichend Bandbreite zum Arbeiten war überall vorhanden. Bei dieser Art des Reisens habe ich gemerkt, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein. Zum Arbeiten braucht es neben einer stabilen Datenverbindung allerdings viel Selbstdisziplin.

Unsere Reisen haben uns zum Nachdenken gebracht. Immer vor Sylvester hatte jeder von uns eine Liste erstellt mit den Dingen, die uns wichtig sind und die wir im kommenden Jahr umsetzen wollen. Mehr Zeit miteinander zu verbringen und nachhaltiger zu leben stand immer ganz oben. Viele Jahre hatten diese Punkte eigentlich Priorität, ohne daß wir sie je zufriedenstellend umgesetzt haben.

Es brauchte eine radikale Entscheidung. Diese fällten wir Anfang 2017 mit dem Entschluß, unseren Wohnsitz in der Schweiz aufzulösen, d.h. alles zu verkaufen/verschenken. Seit September 2017 leben und arbeiten wir in einem (analogen) Landrover Defender mit Dachzelt und bereisten seitdem über 21 Länder in Europa und Nordafrika. Egal ob Kroatien, Serbien, Albanien, Griechenland, Spanien, Marokko oder Rumänien, ich kann von überall mit meinen Kunden und Geschäftspartnern problemlos kommunizieren.

Die Abdeckung der 4G-Mobilfunknetze ist in Ländern wie Rumänien oder Marokko gefühlt um einiges besser als in Deutschland. Alles, was ich zum Arbeiten brauche, ist mein MacBook Pro mit SSD-Laufwerk, ein mobiler Hotspot (mit wechselnden „prepaid“ Daten-SIM-Karten lokaler Provider) und ein externes Mikrofon mit Geräuschunterdrückung (noise cancelling). Dank der schnellen Mobilfunknetze, flexibler Datentarife (incl. Roaming im EU-Ausland) und unserer „radikalen Entscheidung in 2017“ ist es uns gelungen, die beiden wichtigsten Punkte unserer persönlichen ToDo-Liste umzusetzen. Das digitale Nomadenleben bedeutet zwar, auf viele Sicherheiten zu verzichten, belohnt uns dafür aber jeden Tag mit Freiheit und mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

Bildquellen

  • Digital_Nomad_Teil2: PSC

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