Materiezustand mit zweiter Zeitdimension macht Quantenrechner robuster

Als ich den Titel kürzlich in einer naturwissenschaftlichen Zeitschrift entdeckte, dachte ich erst mal: Häh? (hessisch für Waaaaas????) Ich verstehe die einzelnen Worte, aber ich weiß nicht, was sie zusammen bedeuten.

Ich erinnere mich an eine Episode, als mein Bruder zufällig in meinem Büro stand und mitbekam, wie ich mit einem Kollegen über ein aktuelles IT-Projekt sprach. Als der Kollege den Raum verlassen hatte, fragte mein Bruder: „Worüber habt ihr da eigentlich gesprochen? Ich habe gar nichts verstanden. Wie redet ihr denn?“ Er ist Jurist und damit in seiner eigenen Sprache zu Hause.

So erging es mir selber in der Oberstufe, als ich im Fach Religion (!) einen philosophischen Disput über die Befreiungstheologie in Südamerika zwischen meinem Mitschüler Stephan und unserer Lehrerin mitbekam. Was mein Mitschüler da formulierte, ließ mich zu der Bemerkung hinreißen, ob er das noch mal wiederholen könne für Doofe? Stephan ist heute Philosophieprofessor an einer angesehenen deutschen Universität.

Ich beschäftige mich in meiner Freizeit gerne mit Philosophie und Physik. Es gibt Texte, die mich auch deshalb begeistern, weil ich sie sofort verstehen kann. Und manchmal geht es mir beim Lesen wie in der Oberstufe: ich verstehe nichts. Nada. Njente. And I try hard!!!

Natürlich habe ich auch den Artikel zu dem o.g. Titel gelesen.1 Spätestens aber, als Schrödingers Katze erwähnt wurde – Sie erinnern sich, das ist diejenige, die in ihrer Box sowohl lebendig als auch tot sein kann – war ich draußen. Was hat diese Katze von Schrödinger in oder mit einem Computer zu tun? Und was bitte ist denn jetzt eine zweite Zeitdimension? Ich komme ja schon mit meiner ersten Zeitdimension nicht immer ganz klar! Und jetzt noch eine zweite?

Ich frage mich schon seit langem: Müssen Fremdworte sein?  Seit einigen Jahren achte ich besonders drauf, Fremdworte in meinen Sprechtexten zu vermeiden. Ich gebe zu: Das gelingt mir nicht immer. Auch ich habe eine Sprache, die Menschen ausschließen kann. Wie hört sich eine Sprache an, die komplizierte Sachverhalte dergestalt erklärt, dass ich eine Chance habe, den Inhalt auch zu verstehen?

Dazu zwei Beispiele:

Stephen Fry, ein brillanter englischer Schauspieler, schreibt seit vielen Jahren Bücher über die unterschiedlichsten Themen, wie z. B. die Alten Griechen, die sieben Totsünden, Homosexualität oder Neurobiologie. Mich beeindrucken seine Werke, weil ich dort viel Information bekomme in einer Sprache, die mich erreicht. Diese Sprache ist keinesfalls simpel, aber sie ist gut zu verstehen.

Mit Freude habe ich den Vorlesungen von Hans-Peter Dürr2 auf YouTube gelauscht. Dieser (inzwischen verstorbene) deutsche Physiker arbeitete für Heisenberg und hatte später in München seinen eigenen Lehrstuhl. Unter anderem wurde er Nachfolger von Werner Heisenberg als geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts am selben Ort.

Neben seinen Forschungen zur Quantenphysik hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, die großen Themen der Physik in verständlicher Sprache zu erklären, so dass Menschen wie ich eine Chance hatten, Relativitätstheorie und Quantenphysik nachvollziehen zu können. Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht von „verstehen“ sprechen, dazu fehlen mir grundsätzliche Voraussetzungen. Was mich noch heute ärgert, ist, dass Dürr von seinen wissenschaftlichen und fachrhetorisch geschulten Kollegen dafür angefeindet und sogar verachtet wurde. Ihm machte das nichts aus, hatte er doch alles erreicht, was es in der Physik zu erreichen gab. Er war überhaupt ein kritischer Geist und scherte sich nicht mehr viel um die Regeln einer Elitezunft. Denn in Eliten heißt eine ungeschriebene Regel leider: Um dazuzugehören, musst du unsere Sprache sprechen. Das gilt nicht nur für Physiker:innen.

Auch die medizinischen, juristischen, musikalischen, handwerklichen, ornithologischen und beratenden Zünfte haben ihre eigene Sprache. Einen eigenen „Jargon“ zu sprechen, macht Verstehen und Verständnis einfacher, vor allem unter Seinesgleichen. Andere außerhalb der Clique werden ausgeschlossen, es sei denn, sie haben sich an die Begriffe gewöhnt. Solange ich mir bewusst bin, dass ich Menschen ausschließe, kann ich es ändern, wenn ich es will.

Am Lehrstuhl für Kommunikation an der Universität Hohenheim wird mit einer Software regelmäßig untersucht, wie klar die Sprache deutscher Unternehmenslenker ist.3 Sie haben den sog. Hohenheimer Verständlichkeitsindex erfunden, kurz HIX genannt.4 Anscheinend hat sich die Verständlichkeit der Sprache deutscher Vorstände verbessert. Im Artikel heißt es: „Auf der Skala des Hohenheimer Verständlichkeits-Index von 0 bis 20 erreichten die CEOs im Schnitt 14,4 Punkte – immerhin 4,6 mehr als noch in 2012.“ Es gibt Meister des klaren Wortes (Beispiel: Thimotheus Höttges, Deutsche Telekom) aber auch schlimme „Sprachverschwurbeler“ (Schlusslicht: Aldo Belloni, Linde).

Sich verständlich auszudrücken, hat etwas mit Haltung zu tun. Wenn ich Haltung wirklich leben möchte, sorge ich dafür, dass ich verstanden werde. Hier drei Beispiele aus dem Artikel5, wie Sie mehr Verständlichkeit in Ihre Sprache bringen:

Sprechen Sie kurze Sätze, und vermeiden Sie Endlos-Satz-Konstruktionen.
Sprechen Sie eine aktive Sprache, und vermeiden Sie „Substantivierungen“ von Verben.
Vermeiden Sie Fachbegriffe, wenn Sie eine größere Zielgruppe als nur Ihre Fachkollegen erreichen wollen.

Und zum Schluss: Bis die Forscher die im Titel dieses Beitrags angesprochene zweite Zeitdimension entdeckten, waren einige Versuche nötig. Eigentlich erforschten sie nämlich ganz etwas anderes und erkannten die Bedeutung ihrer Entdeckung für Quantencomputer erst spät. Einer der Wissenschaftler beschrieb diesen Prozess dann auch mit den Worten: „Es hat überhaupt nicht funktioniert. Es kam völlig unverständliches Zeug dabei heraus.« Genau, dem ist nichts hinzuzufügen.

1 https://www.spektrum.de/news/zusaetzliche-zeitdimension-macht-quantencomputer-robuster/2044675?utm_medium=newsletter&utm_source=sdw-nl&utm_campaign=sdw-nl-daily&utm_content=heute

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Peter_Dürr

3 https://medien.impulse.de/erfolgreich-texten/verstaendliche-sprache/

4 https://komm.uni-hohenheim.de/hohenheimer-verstaendlichkeitsindex

5 ebenda

Bildquellen

Autor: hfi

Hallo, ich bin Heike Fillhardt, der hfi.harlekin aus dem Rheingau. Ich leite und begleite seit Anfang der 90er Jahre Veränderungsprozesse in internationalen Unternehmen im Rahmen von Reorganisationen, Fusionen und Leitbildumsetzungen. Dabei vertraue ich auf die Kraft der Gruppe und arbeite nach dem Grundsatz: es gibt immer eine Lösung, egal wie lange es dauert. Viele Führungskräfte empfinden sich als „lonesome hero“ – ein Bild, das sich – wem auch immer sei Dank – endlich auch in Deutschland zu verändern scheint. Und ich freue mich über jedes Projekt im Rahmen von Agilität. Neben Erfahrungen aus dem klassischen Projekt- und Changemanagement bringe ich auch breites systemisches Methodenwissen ein. Ich bin Scrum-Master und Leadership Agility Coach. Erkenntnisse aus meinen verschiedenen physio- und psychologischen Ausbildungen fließen ebenso in mein Wirken ein wie meine Erfahrung als Dozentin und Mutter. Ich wirkte 14 Jahre als Managementberaterin, Coach und Trainerin in verschiedenen Unternehmen. Seit 2007 bin ich selbständige Beraterin mit eigener Coachingpraxis. Seit 2012 bin ich Kung-Fu-Schülerin. Und im Laufe der Jahre flossen immer mehr Körperübungen in meine Workshops und Trainings ein. Denn nur wer sich bewegt, ist auch langfristig erfolgreich. Meine Kunden schätzen vor allem das Umsetzen der theoretischen Themen in Spiel und Körperübungen, meine systemische Sicht auf das ganze Feld, das schnelle Einstellen auf situative Bedürfnisse, meine klare und wertschätzende Sprache und die konsequente Zielverfolgung.

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