Growing Green Cities

Die Floriade 2022

Dieses Jahr findet im niederländischen Almere in der Provinz Flevoland die Gartenbau-Weltausstellung „Floriade“ statt.  Die Niederlande richten die Floriade im 10-Jahres-Rythmus aus und jedes Mal gibt es schlechte Kritiken wegen massiver Budgetüberschreitungen. Wie hoch der Verlust in diesem Jahr ausfällt, kann man wohl erst sagen, wenn die Ausstellung  im Oktober ihre Pforten schliesst. Es sieht aber bereits nach einem Rekord aus. Die echten Besucherzahlen sind viel niedriger als die geschätzten –  wobei sicher auch Corona eine Rolle spielt. Wegen der finanziellen Fehlplanungen sind bereits viele politisch Verantwortliche von ihren Ämtern zurückgetreten.

Das erinnert mich an die Weltausstellung „Expo“ in Hannover im Jahr 2000. Böse Zungen sagten dem Veranstalter nach, dass die Hoffnungen bezüglich der Besucherzahlen nur dann realistisch wären, wenn jeder zweite Europäer käme – was natürlich nicht passiert ist. Trotz der Häme und der negativen Kritik wollte ich mir die Expo gerne anschauen – und war zu dem Zeitpunkt noch der einzige „Fan“ in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Ich habe zwei Tage dort verbracht und habe die Ausstellung immer noch in sehr guter Erinnerung. Interessante Länder-Pavillons, kein Gedränge bei Restaurants und Toiletten – und nicht mal bei der Seilbahn gab es Wartezeiten. Wunderbar!

Doch auch wenn die  Presse zunächst mal auf die roten Zahlen schaut (und zugegeben – ich in meinem Beitrag ja auch!) , gibt es über die Floriade viel mehr zu erzählen. Ich bin bereits bei der Floriade in 2012 in Venlo gewesen und auch die diesjährige Ausstellung hat mich sehr interessiert. Denn Hauptthema ist diesmal „Growing Green Cities“ – Wie machen wir Städte grüner, gesünder, schöner – und im Sommer kühler? Also: Auf nach Almere!

Almere ist eine junge Stadt, entstanden in den 1970er Jahren – zunächst mal als „Schlaf- und Pendlerstadt“ im Umfeld von Amsterdam. Sie liegt komplett unter dem Meeresspiegel und ist gebaut auf den durch Trockenlegung entstandenen Ijsselmeerpoldern. Inzwischen hat sich Almere von der Schlafstadt zu einer Stadt mit eigenständigem Charakter entwickelt, die nicht mehr allein für Amsterdam-Pendler interessant ist und deren Bevölkerung stetig wächst. Es gibt also ein massives Eigeninteresse am Thema „Wachsende grüne Städte“.  Die Floriade präsentiert 4 Schwerpunkte:

  • Greening the City: Mehr Grünflächen
  • Feeding the City: Verbesserte Nahrungsmittelversorgung
  • Energising the City: Intelligentere Energieversorgung
  • Healthying the City: Bewusstere Lebensweise

Beim Bummel über das Ausstellungsgelände habe ich gelernt, dass eben dieses Gelände nach Ablauf der Floriade die Basis sein soll für einen komplett neuen „grünen“ Stadtteil: Almere Hortus. Dieser war auch als Miniatur zu bewundern. Grosse Teile der Ausstellungs-Infrastruktur können für den neuen Ortsteil nutzbar gemacht werden, und einige Gebäude stehen bereits: Das Hochhaus „Woontoren Flores“, die „grünste Hochschule der Niederlande“ (Teil des „Flevo Campus“ mit komplett begrünten Aussenwänden) und das Wohn-Sorg-Zentrum „Flora“ für Menschen mit Demenz.

Neben länderspezifischen Ausstellungspavillions gab es auch Ausstellungen von Unternehmen, von denen ich bis dahin nie gehört hatte. Ein Unternehmen ist zum Beispiel spezialisiert auf wasserdurchlässige Untergründe. Es war interessant zu sehen, welche neuen Materialien und Techniken es inzwischen beim (Fahrrad-)Wegebau gibt. All die neuen Entwicklungen lassen hoffen, dass wir zukünftig mit Regenwasser sorgfältiger umgehen.

Was mich noch besonders beeindruckt hat, waren die vielseitigen Angebote für Schulklassen: Von Recycling-Methoden über Holzanbau und –verarbeitung (inclusive Baum-Quiz) bis zu naturnahen Nachbarschaftsgärten gibt es zahlreiche Themen, die in den „Draussen-Schulklassen“ unterrichtet werden können. Ich hoffe, dass noch viele Schulausflüge dorthin  stattfinden.

Beim Betrachten des Miniatur-Zukunftsscenarios von „Almere Hortus“ dachte ich: „Wenn wirklich dies dabei herauskommt, werden die politisch, konzeptionell und planerisch Verantwortlichen in 20 Jahren als Visionäre gefeiert.“ Ich würde es ihnen und Almere wünschen…

Die Floriade ist noch bis zum 9. Oktober geöffnet. Ich fahre bestimmt nochmal hin.

Auf der Expo – Floriade

Bildquellen

Autor: bbr

Hallo, ich bin Beate Brinkman, der bbr.harlekin. Ich bin Redakteurin und Autorin für den Harlekin.Blog e.V. und im “Hauptberuf” in einem international agierenden IT-Unternehmen als Support Coordinator tätig. Bisher habe ich in deutschen, niederländischen, amerikanischen und indischen Unternehmen gearbeitet und viele Erfahrungen mit multikultureller Zusammenarbeit machen dürfen. Seit vielen Jahren lebe ich als Deutsche in den Niederlanden und habe festgestellt, dass schon allein die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Niederländern ganze Bücher füllen können. Aus beruflichen und privaten Gründen gilt dem multikulturellen (Miss-)Verständis mein besonderes Interesse. Ob es um Essen, Sprache, dienstliche Conference Calls oder die Gestaltung von Begräbnissen geht – wenn die Kulturen mehrer Länder aufeinander stoßen, wird es spannend. Und das führt zu manchmal unerfreulichen, oft sehr komischen, aber immer lehrreichen Situationen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert