Ganz schön beknackt… (Teil 1)

Nach meinem Beitrag zu Corona, Hamsterkäufen von Toilettenpapier und einer resultierenden Anal-yse Symptom-begleitender Besserwisser wurde ich mehrfach gebeten, doch mehr zu diesem Thema zu schreiben. Ich gestehe, es hat mehr Freude als Arbeit gemacht. Viel Spaß mit der neuen Riege von Besserwissern und Klugscheissern.

Kerzenlicht, Glühwein und Nüsse knacken: das erinnert an die Kindheit, gehört in den Winter und Ja, das ist die Weihnachtszeit. Damit es uns dann richtig warm ums Herz wird, läuft White Christmas als Dauerberieselung in den Kaufhäusern und im Radio singt sich Chris Rea mit Coming Home for Christmas alle Jahre wieder in die Herzen der Fernfahrer (und natürlich deren Frauen).

Alles klar? War doch jedes Jahr dasselbe und wir wissen schon was kommt. Wirklich? Mit Corona und ohne Weihnachtsmärkte wird es diesmal deutlich anders. Beginnen wir mit der ersten Riege von Besserwissern, denen, die schon immer gegen Weihnachten und einen guten Glühwein waren. Diese Adventsmuffel lehnten immer schon Familienfeiern, Weihnachtslieder und Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt als überflüssigen Mythos ab. Sind sie besser informiert und wir nur zu dumm, diese Wahrheit zu erkennen? Ist Weihnachten und Friede in den Häusern denn wirklich nur eine Einbildung und Geschenke kaufen nur Kommerz?

Nun, vielleicht gibt es keine scharfe Trennlinie zwischen einem Weihnachts-GLAUBEN/MYTHOS und dessen WISSEN. Schon Donald Trump hat (meist unfreiwillig) auf sein Dilemma zwischen Wissen, News, Fake-News und „alternativen Fakten“ hingewiesen.

Vielleicht hat er dabei sogar ein bisschen Recht und Mythen können ein realer Bestandteil unseres Lebens sein, wenn, ja wenn wir es zulassen. Damit liegt das Weihnachtsgefühl auf der gleichen Ebene wie die Spannung bei einem guten Tatort-Krimi, der Angst vor dem ersten Mal oder der Hoffnung auf einen Corona-Impfstoff. Wenn schon Bilder aus dem Fernseher und diffuse Wunsch-Vorstellungen uns „berühren“, warum dann nicht auch Kerzenlicht, Glühwein und Nüsse knacken?

 Schauen wir uns das doch einmal genauer an und ziehen eine Ereigniskarte – Knacken sie eine richtige Nuss und gehen sie nicht über Los (zum Weihnachtsmarkt)!

Nun weiß doch jeder was eine Nuss ist, oder? Sicherheitshalber helfe ich doch ein wenig nach. Per Definition ist die Nuss eine Frucht, bei welcher der Samen von einer harten Schale umgeben ist. Ist doch klar, sonst wäre ja auch der Nussknacker überflüssig.

Aber schon geht unser Problem mit WISSEN + FAKTEN versus MYTHOS + GLAUBEN los. Denn Vorsicht, die meisten uns vertrauten „Nüsse“ sind botanisch keine Nüsse. Muskatnuss, Kokosnuss, Paranuss, Cashewnuss, Pekannuss, Mandel, Pistazie sind im botanischen Sinne alles mögliche – nur keine Nüsse. Erdnüsse gehören leider zu den Hülsenfrüchten und die leckeren Pinienkerne sind die nackigen Samen eines mediterranen Nadelbaumes.

Soviel zum üblichen WISSEN über Nüsse. Oder gehörte das, was wir über Nüsse zu wissen glaubten, nicht vielleicht mehr zu „alternativen Fakten“? Wer jetzt immer noch an SEIN WISSEN über Nüsse glaubt und nicht aufgegeben hat, auf der Erklärungsseite der Ereigniskarte steht noch: „ … zu den Sonderformen von Nüssen gehört auch die „Sammelnussfrucht der Rosengewächse“ – was da wären: Erdbeeren, Himbeeren und alle möglichen Kernobstarten. Hubs, wer hätte das gedacht?

An dieser Stelle erwarte ich die ersten Einwürfe aus der Kategorie „Kannte ich schon! Noch so ein Klugscheisser!?“ Doch gemach, jetzt geht es erst richtig los.

Nehmen wir uns exemplarisch die Muskatnuss vor, also bisher Nuss, nun eine Pflanzenart aus der Familie der Myristicaceae. Das Wort Muskatnuss ist eine Entlehnung vom lateinischen „nux muscata“ und bedeutet „nach Moschus duftende Nuss“. Ja, wieder Nuss – die Römer waren halt auch nicht schlauer als wir!

Die Früchte des Muskatbaumes gelangten vermutlich mit den Kreuzfahrern nach Europa. Doch schon die ersten gesicherten Überlieferungen warnten vor übermäßigem Verzehr, „weil sie den Eingeweiden schade“. Denn Muskatnuss wird heute zwar hauptsächlich als Küchengewürz verwendet, bei Naturvölkern aber auch gerne als Rauschmittel. Der portugiesische Arzt Garcia da Orta veröffentlichte bereits 1563 eine Schrift über halluzinogene Pflanzen, wo neben Cannabis und Opium auch die Wirkung der Muskatnuss beschrieben wurde.

Aus der Hippie- und Studentenkultur der 60er und 70er Jahre gibt es unterhaltsame Erlebnisberichte über die Nutzung der Muskatnuss als billige und leicht zu beschaffende Ersatzdroge. Da, neben der angepeilten Wirkung, auch immer wieder unangenehme Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz und Achtung!! – Durchfall auftraten, blieb diese Form der Verwendung in Europa jungen, unerfahrenen Studenten vorbehalten und so gibt es halt auch den studierten Muskat-Klugscheisser.

Der zweite Teil dieses Beitrags erscheint am kommenden Freitag, dem 18. Dezember.

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2 Gedanken zu „Ganz schön beknackt… (Teil 1)“

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