Digital Na(t)ives

Das Heilsversprechen der Digitalisierung: alles wird einfacher, schneller, effizienter, … you name it. Wichtig auch: Kunden mitnehmen. Klingt gut, oder? Ich komme selbst aus der Branche und profitiere unmittelbar von diesem Narrativ, aber manchmal bin ich nicht nur sprachlos, sondern echt sauer wie sehr man das verbocken kann. Grund dafür ist das Instrument der Einzugs­ermächtigung.

Die Protagonisten: Vodafone und ich. Und mein Kollege, der meinte, er müsste unbedingt von Pest zu Cholera wechseln. Worum geht’s? Handy-Vertrag über die Firma, er füllt fix das PDF (online?) aus und schickt es mir zur Unterschrift, schön per Mail. Bis hierhin alles super, kein Baum musste sterben, alles schön „digital“. Ich denke nur: ja passt, schnell das PDF am Laptop unterschreiben und per Mail zurück an ihn. 2 Minuten, so wie im ersten Satz beschrieben. Aber mein PDF-Programm lässt mich die Dabei nicht speichern. Hm, next: Adobe Pro, auch nicht. Komisch, ein Problem, ich bin angefixt und will es lösen. Andere hätten längst den Drucker angeworfen. Wieder das erste Programm, das kann PDFs zu JPEG exportieren, die kann man ja auch unterschreiben.

Kleiner Einwurf, weil viele hier vielleicht denken: häh? Also: bei einer Unter­schrift auf Papier führt man den Stift schwung­voll und hinterlässt einen Abdruck. Nennt sich Unterschrift und bezeugt lächerlicherweise, dass ICH geschwungen habe. Seit einigen Tagen gibt es iPads, da kann man auch einen Stift (ohne Tinte!) drüber schwingen und hinterlässt auch einen Abdruck, nur halt „digital“. Und genau das wollte ich, verflucht nochmal, auch machen. Ohne drucken, scannen und wieder mailen. Aber zurück zu meinem Problem: WTF Vodafone, warum druckt Ihr auf das PDF so einen länglichen QR-Code-Gedöns? Hat der verhindert, dass ich konvertieren oder editieren kann? Warte mal, warum schützt Ihr eine Datei vor Veränderung, über die Ihr Kundeninformationen einsammelt?

15 Minuten habe ich mich redlich bemüht, dann druckte ich, unterschrieb mit Kuli, scannte und mailte. Dann hatte ich dieses komische Gefühl von Scham und Wut. Miese Customer Experience würde ich im beruflichen Kontext sagen. Statt mir zu helfen, bei diesem Kontakt ein gutes Gefühl zu haben und das mit Euch (=Vodafone) zu verbinden, habt Ihr mich scheitern lassen. Nachdem ich mich davon noch nicht ganz erholt hatte, schrieb der nächste Kollege. Kein Witz: gleiches Problem am gleichen Tag. Er ist allerdings bei klarmobil. Die scheinen technologisch noch nicht so weit zu sein oder haben einfach andere Nachweispflichten. Dieses PDF hat keinen Schutz gehabt und ich habe es nach 30 Sekunden zurück­geschickt an ihn. Seine Antwort: krass, ging das schnell.

Mir war zum Heulen zu Mute. Wenn das die Anstrengungen der deutschen Industrie im Bereich Digitalisierung und Green-Washing sind, dann gute Nacht… Wenn ich mal Langeweile habe, versuche ich rauszufinden, wie man das mit PDFs macht, aber wer braucht das schon (außer Vodafone anscheinend)? Und falls Ihr jetzt denkt: ach komm, Sch.. auf die – beim nächsten Mal erzähl ich vielleicht von der sogenannten „Techniker“ Krankenkasse, deren Einzugsermächtigungsprozess war auch „super-digital“. Was hat Euch zuletzt so aufgeregt an fehlgeschlagenen Digitalisierungsvorhaben und wie könnte man es besser machen? Wir freuen uns auf Eure Kommentare.

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