… dann muss ich ja immer an Prinz Charles denken!

Namen sind mehr als Schall und Rauch

Als sich bei uns ein weiteres Enkelkind ankündigte, wurden mein Mann und ich zu möglichen Vornamen nach unserer Meinung gefragt. Aufgrund der in den Niederlanden und in Peru ansässigen Verwandtschaft des Kindes sollte es eine Name sein, der in beiden Ländern bekannt ist und in beiden Sprachen einfach auszusprechen. Auf der Liste stand unter anderem „Camilla“ – und ich war diejenige, die sich wegen der oben genannten Assoziation dagegen aussprach.

Nun kann man natürlich darüber streiten, ob es schlimm ist, an Prinz Charles zu denken, wenn das Enkelkind ins Zimmer tritt, oder darauf hoffen, dass diese Assoziation im Laufe der Jahre verblasst und spätestens, wenn das Kind eine Zahnspange trägt, völlig vergessen ist. Aber wie man es auch betrachtet – bestimmte Gedankenverbindungen sind nun mal da.

Bei diesen Assoziationen unterscheide ich zwischen den persönlichen, den generationsbedingten und den – ich nenne sie mal „fatalen“.

Bei den persönlichen Assoziationen geht es um den Vornamen der Nachbarin, die man schon als Kind nicht leiden konnte, des Klassenkameraden, der immer gepetzt hat – oder auch um den/die „Ex“ des Partners oder der Partnerin, die als Namensgeber für die gemeinsamen Kinder nicht in Frage kommen. (Bei Menschen mit vielen „Exen“ müssen dann etliche Namen ausgeschlossen werden…) Es ist verblüffend, dass einem Menschen, an die man Jahrzehnte nicht gedacht hat, plötzlich wieder einfallen, wenn man einen bestimmten  Vornamen hört.

Die generationsbedingten sind einfach zu erklären: Dachte ich früher beim Vornamen „Lara“ an Dr. Schiwago, denkt die Generation nach mir an Lara Croft. Und während meine Mutter beim Namen „Lola“ an Marlene Dietrich und den Film „Der blaue Engel“ dachte (von 1930), kam mir der Hit der „Kinks“ in den Sinn (von 1970).Jede kommende Generation wird dafür neue Beispiele liefern, die die Popularität der Vornamen prägen.

Manche „Namenspaten“ sind solche Trendfiguren ihrer Generation, dass ich mich frage, wie es sich mit so einem Namen lebt. Ein paar von den vielen jetzt noch kleinen Beyonce’s werden mir das vielleicht in einigen Jahren erzählen können…

Die Babies, die derzeit geboren werden, folgen mit ihren Namen wieder völlig neuen Trends, las ich im Beitrag „Vornamen und ihre Vorurteile“ von Verena Mengel[1]:
„So hinterlässt zum Beispiel auch die erfolgreiche Serie “Game of Thrones“ ihre Spuren. Mittlerweile heißen einige Kinder Jon, Arya oder Brandon, aber auch Khalessi, was in der Serie kein Vorname, sondern eine Titelbezeichnung ist.“

Die fatalen Assoziationen bei Vornamen sind nicht erst seit dem oft zitierten „Kevinismus“[2] bekannt, der das Phänomen beschreibt, dass bei Kindern dieses Namens sogleich ein sogenanntes „bildungsfernes Umfeld“ unterstellt wird. In meiner Generation waren es die Jungen mit dem Namen Detlef, von dem auf zutiefst pubertäre Weise die sexuelle Neigung abgeleitet wurde. Ich werde heute noch böse, wenn ich mich daran erinnere, was Altersgenossen mit diesem Namen damals  mitmachen mussten!

Und – last but not least – möchte ich auch noch die Menschen mit Migrationshintergrund erwähnen, die – auch wenn sie in Deutschland geboren und der deutschen Sprache mächtig sind – aufgrund ihres Vornamens schlechtere Chancen auf eine Wohnung oder einen Ausbildungsplatz haben. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ hat für diese Zielgruppe zur „Namens-Guerilla“ aufgerufen und fordert auf:

Liebe schwarze und muslimische Eltern: Gebt euren Söhnen Alte-weiße-Männer-Namen wie Helmut, Gerhard oder Ulf, und nennt eure Töchter am besten Hannelore, Sieglinde oder Waltraud.“[3]

Und außerdem, gerichtet an Eltern mit deutschen Vorfahren: „Macht mit! Nennt eure Kinder einfach Osman, Aliyeh, Khuyen oder was euch so gefällt.“ 

Eine interessante Methode, um die Namensklischees einmal richtig durcheinanderzuschütteln!

P.S.: Mein Opa hatte bei der Namensgebung für seine Enkelkinder anzumerken, dass er nur Namen akzeptieren würde, die er auch aussprechen kann, wenn er sein Gebiss nicht trägt. Deshalb heißt eine meiner Cousinen nun doch nicht „Saskia“!


[1] Vornamen und ihre Vorurteile – quarks.de
[2] Kevinismus – Wikipedia
[3]Vorurteile gegen Vornamen: Macht mit bei der Namens-Guerilla! – DER SPIEGEL



Bildquellen

  • From the magazine NOT THE ROYAL WEDDING 1981: BCO

Autor: bbr

Hallo, ich bin Beate Brinkman, der bbr.harlekin. Ich bin Redakteurin und Autorin für den Harlekin.Blog e.V. und im “Hauptberuf” in einem international agierenden IT-Unternehmen als Support Coordinator tätig. Bisher habe ich in deutschen, niederländischen, amerikanischen und indischen Unternehmen gearbeitet und viele Erfahrungen mit multikultureller Zusammenarbeit machen dürfen. Seit vielen Jahren lebe ich als Deutsche in den Niederlanden und habe festgestellt, dass schon allein die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Niederländern ganze Bücher füllen können. Aus beruflichen und privaten Gründen gilt dem multikulturellen (Miss-)Verständis mein besonderes Interesse. Ob es um Essen, Sprache, dienstliche Conference Calls oder die Gestaltung von Begräbnissen geht – wenn die Kulturen mehrer Länder aufeinander stoßen, wird es spannend. Und das führt zu manchmal unerfreulichen, oft sehr komischen, aber immer lehrreichen Situationen.

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