Crime Scene Vorgarten (Teil 2)

Von Betrügern, Räubern und Henkern

Die hier erzählten Geschichten sind nichts für zarte Gemüter. Es geht nach menschlichen Moralvorstellungen um die Abkehr jeglichen ethischen Verhaltens und den tiefen Abgrund sozialer Machenschaften. Es wird richtig böse im Vogel-Reich. Überlegen Sie daher nochmal genau: Wollen Sie wirklich weiterlesen? Ich habe Sie gewarnt…

Dieses Mal beginne ich im Herbst/Winter. In dieser Zeit geht der Uhu auf Partnersuche. Was für eine Freude ist das, den Flug eines balzenden Uhu-Paars zu beobachten! Eines Abends erklangen die unverwechselbaren Rufe von zwei dieser mächtigen Vögel in verschiedenen Bäumen in der Nachbarschaft. Und diese nahen, klaren, lauten „Uhuuuuuuu“-Schreie (sie antwortet ein wenig leiser und irgendwie netter, zurückhaltender) in dunkler Nacht können  dem Zartbesaiteten schon mal die Nackenhaare sträuben lassen. Als dann die beiden großen Vögel (Länge ca.70 cm, Flügel-Spannweite ca. 2 m), immer wieder Kreise im Licht der Laterne flogen, blieb mir vor Aufregung fast das Herz stehen. Ich war so glücklich, das erleben zu dürfen. Aber  „spooky“ war die Situation vor allem deshalb, weil ich nichts gehört habe während ihrer Flugkunst, gar nichts! Die Flügel der nachtaktiven Flieger sind mit besonderen Federn bestückt, die einen fast lautlosen Flug ermöglichen, sodass sie ihre gut hörende, weil auch nachtaktive Beute, ohne Geräusche schlagen können.

Meinen Garten kennen Sie ja schon: viel los dort. Wenn sich im Frühling die Spatzen-Gang über meine Meisenknödel hermacht, sind das schon mal locker ein Dutzend Tiere, bevor deren Kleine dazukommen. Da jedes Elternpaar ca. 4 – 6 Junge bekommt, vervielfältigt sich die Zahl der geselligen Schmarotzer im späteren Frühling gehörig. Das treibt mir immer ein Lächeln ins Gesicht.  Wenn sich aber gleichzeitig über dieselben Meisenknödel 14 Dohlen hermachen und laut krakeelend das gesamte Futtermobiliar zu Boden reißen, damit sie so besser an die Knödel kommen, erinnert mich das an einen Grusel-Film, den viele von Ihnen kennen. Und diese Erinnerung wird umso intensiver, je mehr der schwarzen Rabenvögel sich laut palavernd auf dem gegenüberliegenden Hausgiebel einfinden, nachdem ich sie verscheucht habe. Ich habe dann immer das Gefühl, sie holen ihre Freunde und beobachten mich genau. Und sie überlegen gemeinsam, wie sie sich an mir rächen können. Und ihnen fällt immer was ein. Ich habe schließlich mehrere Futterstellen im Garten.

Wenn sich ein Meisenpaar entscheidet, einen Nistkasten zu bewohnen, hat es vorher schon eine Menge anderer Nistmöglichkeiten getestet. Falls etwas schief geht beim Brüten, kann sich das Paar kurzerhand für eine andere Bruthöhle entscheiden und startet neu mit der Brut. Überhaupt gibt es ein gefährliches Gerangel um die begehrtesten Nistplätze. Wenn ein Trauerschnäpper zum Beispiel aus Westafrika zurück kommt, hängt er sich gerne an ein ortsansässiges Kohlmeisenpaar und inspiziert die potenziellen Nester der Meisen. So macht er es sich leichter bei seiner Suche nach geeigneten Wohnungen. Doch manchmal bezahlt er diese aufdringliche Verfolgung auch mit seinem Leben: Wenn er in ein Nest einzudringen versucht, das bereits von Meisen okkupiert wurde, wird das im Nest befindliche Meisen-Elternteil mit seinem Schnabel so lange auf den Kopf des Eindringlings hebeln, bis dieser sich vom Körper trennt und der Feind geköpft auf den Boden vor das Nest fällt. Im empfehlenswerten Buch „Kritik der Vögel“ wird nicht umsonst von „Satan Meise“ gesprochen.

Wo wir gerade beim Nisten sind: Auch Vögel bevorzugen freistehende Häuser mit „long-distance-neighbourhood“. Wenn dem von uns so geschätzten „lieblichen“ Rotkehlchen ein Meisen-Nest zu nah an seinem eigenen erscheint, räumt es kurzerhand alles, was das noch kinderlose Paar schon an Nistmaterial eingebaut hat, wieder aus dem Nest der Nachbarn raus. Es liebt halt die ungestörte Einsamkeit. Eine kleine Weile braucht es, bis die verstörten Meisen begreifen, was ihnen geschieht. Das kann zu erheblichem Zusatz-Stress im Brutgeschäft führen. Aber sie haben ja noch weitere Nistmöglichkeiten entdeckt, die hoffentlich noch nicht von anderen bewohnt werden.

Überhaupt sollten wir die niedlichen Rotkehlchen nicht unterschätzen. Bisweilen keilen sie sich dermaßen intensiv mit ihren Artgenossen, dass beide blutend von dannen ziehen und ihre Wunden lecken. Und die Schwarzdrosseln, vulgär auch Amsel genannt, stehen den Rosso-Keilern in nichts nach. Sie picken im Frühling auf alles ein, was gelb aussieht und verwechseln vor lauter Kampfeslust schon mal einen gelben Krokos mit einem Nebenbuhler. Ihre Kampfbereitschaft ist legendär, auch im Flug ein Spektakel. Nach Roth sind sie „aggressive Abstandhalter und Wegpusher“.

Meisen legen über einen festen Zeitraum jeden Tag ein Ei und entscheiden sich individuell, wie viele der Eier sie ausbrüten. Das hat damit zu tun, dass sie einschätzen können, wie viel Futter es in der Nähe geben wird. Wenn wir also im Herbst die Nester für den nächsten Frühling säubern, finden wir immer mal wieder ein rot gesprenkeltes Ei, das nicht ausgebrütet wurde.

Vom Parasitismus des Kuckucks haben Sie sicher schon gehört. Er legt seine Eier in Brutplätze wesentlich kleinerer Vögel, wie z. B. dem Teichrohrsänger. Dabei legt er immer ein Ei in ein Nest. Schlüpft das Kuckucks-Kind dann, entsorgt er mit übernatürlicher Kraftanstrengung erst mal alle Stief-Geschwister und lässt sich dann lautstark von seinen Zieh-Eltern füttern. Die machen einen ebenso gigantischen Job und füttern das fremde Küken, als wenn es ihr eigenes wäre. Wenn man den Vogel-Forschern glauben möchte, sorgt der nach langer Reise erschöpfte Kuckuck so für eine persönliche Entlastung und verbraucht weniger Ressourcen. Ich frage mich nur, warum hat er das Verhalten ausgebildet und andere nicht?

Diese Fragen klären wir dann im 3. Teil, wenn es wieder heißt: Grau ist ein Vorgarten keineswegs, eher voller Grauen.

Bildquellen

Autor: hfi

Hallo, ich bin Heike Fillhardt, der hfi.harlekin aus dem Rheingau. Ich leite und begleite seit Anfang der 90er Jahre Veränderungsprozesse in internationalen Unternehmen im Rahmen von Reorganisationen, Fusionen und Leitbildumsetzungen. Dabei vertraue ich auf die Kraft der Gruppe und arbeite nach dem Grundsatz: es gibt immer eine Lösung, egal wie lange es dauert. Viele Führungskräfte empfinden sich als „lonesome hero“ – ein Bild, das sich – wem auch immer sei Dank – endlich auch in Deutschland zu verändern scheint. Und ich freue mich über jedes Projekt im Rahmen von Agilität. Neben Erfahrungen aus dem klassischen Projekt- und Changemanagement bringe ich auch breites systemisches Methodenwissen ein. Ich bin Scrum-Master und Leadership Agility Coach. Erkenntnisse aus meinen verschiedenen physio- und psychologischen Ausbildungen fließen ebenso in mein Wirken ein wie meine Erfahrung als Dozentin und Mutter. Ich wirkte 14 Jahre als Managementberaterin, Coach und Trainerin in verschiedenen Unternehmen. Seit 2007 bin ich selbständige Beraterin mit eigener Coachingpraxis. Seit 2012 bin ich Kung-Fu-Schülerin. Und im Laufe der Jahre flossen immer mehr Körperübungen in meine Workshops und Trainings ein. Denn nur wer sich bewegt, ist auch langfristig erfolgreich. Meine Kunden schätzen vor allem das Umsetzen der theoretischen Themen in Spiel und Körperübungen, meine systemische Sicht auf das ganze Feld, das schnelle Einstellen auf situative Bedürfnisse, meine klare und wertschätzende Sprache und die konsequente Zielverfolgung.

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