Apfel, Nuss und Mandelkern…

Auf dem Weihnachtsmarkt

Beim Thema Weihnachtsmärkte gibt es nicht allein die Gruppe der Fans („Endlich mal wieder Weihnachtsmarkt ohne Corona-Regeln!“) und die der Uninteressierten („Was soll ich da? Da gibt es nur Gedränge, ungesundes Essen und Geschenke, die kein Mensch braucht!“), sondern auch die Menschen der „Ja, aber nur, wenn…“-Kategorie. Das „Ja, aber“ kann dabei aus verschiedenen Richtungen kommen: „Ja, aber nur, wenn es gratis ist.“ oder „Ja, aber nur wenn es nicht zu voll ist.“ (Was wiederum hinausläuft auf „Ja, aber nur, wenn es nicht gratis ist.“)

Trotz der Skeptiker-Liga ist Deutschland anscheinend ein Land der Weihnachtsmärkte – die heutzutage, um nicht-christliche Bevölkerungsgruppen nicht auszuschliessen, immer häufiger zu Wintermärkten oder „Winter Fairs“ umgetauft werden. Es gibt viele – grosse, kleine, bekannte und unbekannte. Das hat sich inzwischen im Nachbarland herumgesprochen, und auch in den Niederlanden gibt es eine grosse Anzahl Fans. Es werden Busreisen nach Köln, Düsseldorf oder Münster angeboten und die Nachfrage ist gross.

Es gibt mehrere Gründe, einen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Beginnen wir mal mit den Verlockungen auf dem Sektor der Nahrungsmittel: Bratwürstchen, Fischbrötchen, Waffeln, Glühwein, Kakao mit und ohne „Schuss“ sowie zahlreiche Variationen an Lebkuchen, Spekulatius und Schokolade-umhüllten Obst. Inmitten dieses Angebots kann man als Besucher testen, was der Magen nach einem ereignisreichen Jahr denn noch so aushält.

Viele schätzen auch die Weihnachtsmärkte als Inspiration für allerlei Weihnachtsgeschenke. Hier liegt der Unterschied zwischen Kunst und Kitsch im Auge des Betrachters. Sind Gewürzsträusschen nützlich (z.B. wenn man Ungeziefer vertreiben möchte) oder blosse Staubfänger? Das ist – so wie vieles – Geschmacksache, und man kann nur hoffen, dass die Menschen, die man beschenken möchte, die eigene Einschätzung teilen. Das klappt natürlich nicht immer, aber ich selber verfolge den radikalen Ansatz „Wer nicht damit leben kann, hin und wieder mal ein Geschenk zu bekommen, das nicht gefällt, hat gar keine Geschenke verdient.“ Man kann schliesslich nicht immer ins Schwarze treffen, oder?

In den Niederlanden sind in der Vorweihnachtszeit die „Dickens-Festivals“ beliebt. Hier hatte ich zunächst Vorurteile und dachte „Wie kann man diese Zeit, die für arme Menschen derart grausam war, so romantisieren?“. Ausserdem fand ich es fragwürdig, Menschen gekleidet in der Mode von 1840 dabei zuzusehen, wie sie Handy-Hüllen oder Baseball-Kappen verkaufen.

Eine angenehme Ausnahme ist nach meiner persönlichen Meinung das  Dickens-Festival im der niederländischen Stadt Deventer. Das Bergviertel in der Innenstadt mit seinen schönen alten Häusern ist eine wunderbare Kulisse und die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt machen während des Festivals begeistert mit und geben sich sehr viel Mühe bei der Gestaltung ihrer Kostüme und Kulissen. Die „Echtheit“ des Festivals liegt aber m. E. auch daran, dass die Klassen-Gesellschaft nicht einfach weggeschummelt wird und neben den „besseren Leuten“ die Bettler, Marktleute und Strassenfeger auch ihren Platz beim Festival haben – und nicht zu vergessen an der perfekten Organisation. Während des Festivals sieht man in der ganzen Innenstadt keine Cola-Dose und kein zeitgenössisches Bier. Speisen- und Getränke-Verkaufsstände haben eventuelle moderne Beschriftungen mit Tannenzweigen oder Holz verhüllt und bieten nur an, was es auch zur Dickens-Zeit an Waren gab. Es gibt Kuchen, Pies, Esskastanien, am offenen Feuer Gebratenes, Tee, Punsch und Bier vom Fass. Dies alles trägt dazu bei, dass ich mich dort wirklich wie eine Zeitreisende gefühlt habe.

Meine eigenen Weihnachtsmarkt-Besuche finden meist in der deutschen Niederrhein-Region statt, in gemütlichen Städtchen wie Xanten oder Bocholt. Dieses Jahr plane ich, den  Kunsthandwerker-Weihnachtsmarkt im Park von Schloss Moyland zu besuchen. Im Schloss ist das Joseph Beuys Museum untergebracht (Ja, genau, (auch, aber nicht nur) der mit den Fettflecken!). Da werde ich sicher einen interessanten Tag haben – und hinter jedem Fleck am Bratwurst-Stand ein spätes Werk des Meisters vermuten…

Ich wünsche Ihnen allen eine schöne Vorweihnachtszeit und einen guten Abschluss des „alten“ Jahres.

Bildquellen

Autor: bbr

Hallo, ich bin Beate Brinkman, der bbr.harlekin. Ich bin Redakteurin und Autorin für den Harlekin.Blog e.V. und im “Hauptberuf” in einem international agierenden IT-Unternehmen als Support Coordinator tätig. Bisher habe ich in deutschen, niederländischen, amerikanischen und indischen Unternehmen gearbeitet und viele Erfahrungen mit multikultureller Zusammenarbeit machen dürfen. Seit vielen Jahren lebe ich als Deutsche in den Niederlanden und habe festgestellt, dass schon allein die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Niederländern ganze Bücher füllen können. Aus beruflichen und privaten Gründen gilt dem multikulturellen (Miss-)Verständis mein besonderes Interesse. Ob es um Essen, Sprache, dienstliche Conference Calls oder die Gestaltung von Begräbnissen geht – wenn die Kulturen mehrer Länder aufeinander stoßen, wird es spannend. Und das führt zu manchmal unerfreulichen, oft sehr komischen, aber immer lehrreichen Situationen.

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